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Stories

Atemtherapie bei Long Covid

Long Covid bezeichnet Symptome, die nach einer akuten Covid-19-Erkrankung länger als vier Wochen fortbestehen oder auch neu hinzukommen.

Text von Sigrid Novosel

Erfahrungen mit Long Covid

Während (für mich anfangs überraschend) im Jahr 2020 keine Patient*innen mit Atemproblemen nach einer Covid-19-Erkrankung zur Therapie gekommen sind, sehe ich nun immer häufiger Patient*innen, die zum Teil bereits über ein Jahr lang an Post-Covid-Symptomen leiden. Bis jetzt behandelte ich meist jüngere Personen zwischen 20 und 40 Jahren, wovon ein Großteil sehr sportlich ist. Ihre Beschwerden sind Atemprobleme, oftmals gekoppelt mit ständiger Müdigkeit. Dies führt teilweise sogar bis zur Arbeitsunfähigkeit. Interessanterweise hatten alle einen relativ milden Krankheitsverlauf (kein Krankenhausaufenthalt).

Long Covid Symbolbild
Bildnachweis: Ephraim Mayrena (unsplash.com)

Long-Covid-Symptome

Long-Covid-Patient*innen können eine Fülle an unterschiedlichen Symptomen aufweisen. Sehr häufig zeigen sich eine chronische Müdigkeit (Fatigue), Atemprobleme in Ruhe und Belastung, Leistungs- und Aktivitätseinschränkungen, Kopfschmerzen und Riech- und Geschmacksverlust. Häufige Beschwerden sind Husten, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, allgemeine Schmerzen, ein verändertes Atemmuster und kognitive Veränderungen.

Es zeigen sich also verschiedenste Symptome, die natürlich allesamt sehr belastend für die Patient*innen sind. Sehr oft kommt noch dazu, dass sie nach einer relativ einfachen Tätigkeit (z. B. Geschirrspüler ausräumen oder leichte Hausarbeit) sogleich eine Pause brauchen. Diese Symptomverschlechterung nach einer Aktivität kann sofort, aber auch erst nach einem oder zwei Tagen auftreten.

Therapieansatz

Es ist als Therapeutin sehr herausfordernd, diese Patient*innen wieder in ihrer Belastbarkeit zu stärken, aber sie gleichzeitig nicht zu überfordern. 

Mein Therapieansatz besteht natürlich aus einer genauen Anamnese und Beratung sowie der Therapie und Begleitung. Es ist sehr wichtig, dass die Patient*innen ihren Alltag nur mit Aktivitäten unter der Schwelle zur Symptomverschlechterung verrichten.

Viele von ihnen müssen erst lernen, sich nicht zu sehr zu stressen und zu fordern. Pausenund Rasten sind äußerst wichtige Begleiter. Das bedeutet, dass sie mit ihrem Energiehaushalt neu umgehen lernen müssen. Das genaue Beobachten der Herzfrequenz ist hierfür ein sehr gutes Hilfsmittel. Bei den Betroffenen liegt eine gestörte Energieproduktion vor, sodass ihre anaerobe Schwelle im Vergleich zu gesunden Personen deutlich niedriger ist (Beobachtung der Ruhe-Herzfrequenz im Bett am Morgen vor dem Aufstehen). Sollte die Ruhe-Herzfrequenz um mehr als zehn Schläge ober- oder unterhalb der durchschnittlichen Herzfrequenz sein, liegt eine Überanstrengung vom Vortag vor. Es wird empfohlen, sich zu schonen.

Physiotherapeutin Christine Holzer bei der Anleitung zur Eigenwahrnehmung der Atmung.

Atemtherapie

Ein sehr wichtiges Hilfsmittel ist die Atemtherapie, wobei das Zwerchfell wieder in seiner Funktion koordiniert werden muss. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, ihr Zwerchfell korrekt einzusetzen, und somit nicht die volle Lungenkapazität zur Verfügung. Deshalb liegt ein Hauptaugenmerk auf der Atemtherapie mit verschiedensten Ausgangsstellungen – in Ruhe und bei Belastung. Es ist von besonderer Wichtigkeit, die Thoraxmobilität zu verbessern, um so die Ventilation (Belüftung) und Perfusion (Durchblutung) zu steigern.

Es zeigen sich auch viele Schmerzpunkte im Bereich des Thorax und weiterführend auch in Schulter und Nacken. Mein Ziel ist es, den Patient*innen zu lehren, ihre Grenzen einzuschätzen und ihre Selbstwahrnehmung zu stärken, sodass sie ihren Alltag meistern und in weiterer Folge wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden können.

Bei Patient*innen, die eine lebensbedrohliche SARS-CoV-2-Erkrankung hatten und beatmet werden mussten, kann ebenfalls eine Vielzahl von schwerwiegenden Symptomen (z. B. diverse organische Langzeitschäden) auftreten, die den Alltag beeinträchtigen und erschweren. In diesem Fall empfehlen wir, nach der Reha weiterführend eine spezialisierte Physiotherapie in Anspruch zu nehmen. Da dieses Krankheitsbild noch so „jung“ ist, gibt es stetig neue Erkenntnisse, die unser Wissen in Bezug auf Behandlung und Therapie erweitern.

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Klaus Isele