Text von Jonas Gorbach
Schmerzendes Knie
Die ärztliche Diagnose lautet: „Patellaspitzensyndrom, Jumper’s Knee oder Patella-Ansatzreizung.“ Betroffene empfinden vor allem nach Belastung oder bei Berührung dieser Stelle Schmerzen. Bewegungen wie Hinknien oder Springen werden zur Qual und beeinträchtigen den Alltag. Viele Sportler*innen müssen oft monatelang mit dem Training pausieren, weil die lokalen (Selbst-)Behandlungen mit Salben, Tapes oder Schmerzmitteln keine Besserung bringen.
Therapieansatz
Betrachtet man dieses Problem aus rein mechanischer Sicht, wird klar, dass es den Betroffenen gelingen muss, die Zugbelastung der Patellasehne zu verringern. Durch gezielte fasziale und muskuläre Techniken lässt sich die gesamte Statik des Patienten dahingehend verändern, dass die Oberschenkelmuskulatur weniger Spannung auf die Patellasehne bringt. Dadurch werden die Schmerzen meist nach nur wenigen Therapieeinheiten minimiert. Für eine vollständige und langfristige Beschwerdefreiheit benötigt es dennoch zusätzlich ein großes Maß an Disziplin und Compliance (Mitarbeit und Kooperation) der Patient*innen selbst. Bereits in der ersten Therapieeinheit werden den Patient*innen Dehnungs-, Kräftigungs- sowie koordinative Übungen gezeigt. Dieses Trainingsprogramm sollte jedoch nicht nur bis zum Eintreten der Schmerzfreiheit durchgeführt werden. Die Betroffenen bekommen den Rat, dieses Programm mindestens vier Monate lang fortzusetzen.
Dieser langwierige Prozess ist dem menschlichen Bindegewebe geschuldet, welches eine gewisse Zeit für seine Wiederherstellung benötigt. Man spricht hier von der sogenannten „Turnover-Rate“. Das ist jene Zeit, die der Körper benötigt, um die Zellen in einem Gewebe vollständig zu erneuern. Beim Bindegewebe des Menschen beträgt dies etwa ein Jahr, wobei sich der größte Teil davon bei adäquater Belastung bereits innerhalb der ersten vier Monate umwandelt (vgl. Zalpour 2002, Anatomie Physiologie). Gelingt es also, in der Therapie den Zug auf die Patellasehne zu verringern und dadurch die chronische Entzündung zu senken, benötigt es trotz allem noch einige Wochen, bis sich der Großteil der kollagenen Fasern in diesem Ligament reorganisiert hat.
Appell an die Compliance
Dieses Therapieschema lässt sich auf jede Art von chronischen Reizzuständen im menschlichen Bindegewebe übertragen. Werden Übungen daheim oft nur ungenau bis gar nicht durchgeführt, so kommt es unweigerlich zur nicht vollständigen Rehabilitation bis hin zu Rückfällen. Für einen nachhaltigen Therapieerfolg ist Patientencompliance unumgänglich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in professioneller, physiotherapeutischer Begleitung und der konsequenten Mitwirkung der Patient*innen.